Der »Wanderer«

– vor 100 Jahren ein Bestseller – und heute?

 

»Der Wanderer zwischen beiden Welten« von Walter Flex hat in seinen 100 Jahren eine erstaunliche Geschichte hinter sich. Erschienen zu Beginn des Ersten Weltkriegs war er mit einer Auflage von vielen hunderttausend eines der meist gelesenen deutschsprachigen Bücher seiner Zeit. Das »Kriegserlebnis« war sofort ein sensationeller Erfolg: abertausende Soldaten packten die Novelle in ihr Marschgepäck, sie war bei Jugendund Studentenverbänden sowie in den Schulen der Zwischenkriegszeit Pflichtlektüre, die bürgerlich-nationale (und antidemokratisch denkende) Bildungsschicht hatte den Text immer parat. Nach 1945 allerdings verschwand der »Wanderer« aus dem literarischen Blickfeld, nur ein Lied daraus blieb in Erinnerung: »Wildgänse rauschen durch die Nacht«.

 

Ein kurzes, national gesinntes Leben

Die Lebensgeschichte des Ich-Erzählers Walter Flex ist schnell wiedergegeben: Geboren 1887 in Eisenach studiert er Germanistik bis zur Promotion in Erlangen. Danach wird er Hauslehrer bei adeligen Familien, u. a. bei Verwandten des Reichskanzlers von Bismarck. Schon seit der Schulzeit veröffentlicht er Gedichte, Novellen und Theaterstücke mit »deutschen« Themen.

Ernähren kann Flex die Schriftstellerei nicht, zu Beginn des Ersten Weltkriegs unterrichtet er in der Nähe von Posen. Er persönlich begrüßt den Kriegsbeginn sicherlich als Glücksfall: er kann der Provinz entfliehen und sein Ideal leben – er meldet sich, zuvor wegen einer Handverletzung ausgemustert, freiwillig. Nach dem unerwarteten Erfolg des »Wanderers« versucht das Oberkommando vergeblich, ihn für Propaganda-Aufgaben zu verpflichten: Flex will zurück an die Front. Er fällt im Oktober 1917 mit dreißig Jahren auf der estnischen Insel Saaremaa (dt.: Ösel).

 

Handlung und Inhalt

Das äußere Geschehen der Novelle ...


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